Das Brunnenkogelhaus - familiäre Atmosphäre mit 360° Panorama

Es gibt diese Sehnsuchtsziele, die gefühlt schon ewig auf der Wunschliste stehen. Wenn man es dann endlich schafft sie zu besuchen, sind die Erwartungen natürlich dementsprechend groß.

Für mich ist das Brunnenkogelhaus in den Ötztaler Alpen so ein Ziel. Seit langer Zeit auf der Liste, musste ich meinen bereits geplanten und reservierten Besuch vergangenes Jahr kurzfristig absagen, und das obwohl ich mich sogar schon vor Ort im Ötztal befand. Aber die Wettervorhersagen waren derart schlecht, dass ich mich schweren Herzens gegen den Aufstieg entschied.

Neues Jahr, neues Glück. Im Juli ergab sich kurzfristig ein Zeitfenster von zwei Tagen, in dem sowohl mein Wanderkollege als auch ich Zeit hatten. Wir entschlossen uns das Brunnenkogelhaus zu besuchen. Wir wurden uns nicht einig was die Aufstiegsvariante betrifft, daher vereinbarten wir uns oben auf der Hütte zu treffen. Lars bevorzugte den Aufstieg über den aussichtsreichen Höhenweg vom Timmelsjoch aus, ich entschied mich für den Aufstieg vom Gasthaus Fiegl. Ich wollte unbedingt dem traumhaft schönen Wannenkarsee einen Besuch abstatten.

Los geht es also mit dem Wanderbus im Zentrum von Sölden. Diese kleine Abkürzung des Aufstieges kommt mir sehr gelegen, da mein Rucksack wie so oft ziemliches Übergewicht hat. Die Kameraausrüstung macht sich doch mehr als bemerkbar, aber da ein potentielles Kalendermotiv für meinen nächsten Kalender "Hüttenträume 2019" geplant ist, will ich mich auf keine Kompromisse einlassen. Bei Fiegls Gasthaus angekommen, ist es bereits um mich geschehen: das Windachtal gehört zu den idyllischsten Tälern, die ich bislang gesehen habe. Die Windach rauscht durch saftig grüne Almwiesen herab und am Talschluss ranken die mächtigen Stubaier Gipfel in den strahlend blauen Himmel.

Start am Gasthaus Fiegl: das wunderschöne Windachtal liegt in voller Pracht vor mir.

Start am Gasthaus Fiegl: das wunderschöne Windachtal liegt in voller Pracht vor mir.

Nach einigen Minuten taleinwärts geht es rechts über eine kleine Holzbrücke in den Wald und stetig aufwärts. Als der Wald sich langsam lichtet, öffnen sich spektakuläre Blicke hinunter nach Sölden und auf die umliegenden Berge. Der Pfad wird nun flacher und führt am Hang entlang in Richtung einer großen Hochebene. Hier teilen sich nun die Aufstiege zum Brunnenkogelhaus und zum Wannenkarsee. Mich zieht es zuerst in Richtung Wannenkarsee, ein wunderschöner Bergsee eingerahmt von den umliegenden Gipfeln der Ötztaler Bergwelt. Nach der ersten Geländestufe geht es bald weiter über grobes Blockwerk. Ein wenig Konzentration und Trittsicherheit ist auf diesem Wegstück gefragt. Es geht eine knappe Stunde hinauf, da der See auf etwa 2.600 Metern gelegen ist. Das letzte Stück verläuft dann wieder etwas flaçher durch eine karge, moorähnliche Wiese, bis der Wannenkarsee endlich hinter einer Kuppe auftaucht. Je nach Sonneneinstrahlung schimmert er dunkelblau bis türkisfarben. Ich bin völlig alleine hier und genieße die Ruhe und die Landschaft.

Der erste Teil des Weges verläuft schattig durch den Wald.

Der erste Teil des Weges verläuft schattig durch den Wald.

Sobald man den Wald verlässt, führt der Weg aussichtsreich am Hang entlang.

Sobald man den Wald verlässt, führt der Weg aussichtsreich am Hang entlang.

Beim Blick zurück ragen die Stubaier Gipfel weit in den Himmel.

Beim Blick zurück ragen die Stubaier Gipfel weit in den Himmel.

Später geht es dann weiter über Blockwerk...

Später geht es dann weiter über Blockwerk...

Hier wieder der Blick zurück über das Blockfeld.

Hier wieder der Blick zurück über das Blockfeld.

Könnte es einen schöneren Platz für eine Pause geben? Der Wannenkarsee in den Ötztaler Alpen.

Könnte es einen schöneren Platz für eine Pause geben? Der Wannenkarsee in den Ötztaler Alpen.

Da lässt man gerne mal die Gedanken schweifen...

Da lässt man gerne mal die Gedanken schweifen...

Nach einer ausgiebigen Rast und einigen schönen Aufnahmen, entscheide ich mich wieder aufzubrechen. Es fehlt schließlich noch ein ganzes Stück bis zum eigentlichen Ziel, dem Brunnenkogelhaus. Es geht also wieder ca. 300 hm hinunter, bevor es die finalen 400 hm zur Hütte hinauf geht. Der Weg zieht sich nun ein wenig, vor allem das letzte Stück nach oben. Über mehrere, kleinere Geländestufen schlängelt sich der Pfad nach oben. Immer wieder kann man die Hütte scheinbar zum Greifen nahe erkennen, bevor sie hinter der nächsten Kuppe wieder verschwindet. Es geht noch vorbei an einer kurzen seilversicherten Engstelle am Fels entlang, bevor der letzte, steile Anstieg über Blockwerk zum ersehnten Ziel führt. Das Brunnenkogelhaus auf 2.737 Metern.

Das Brunnenkogelhaus scheint zum Greifen nah, doch es fehlen noch die anstrengendsten Schritte des Tages.

Das Brunnenkogelhaus scheint zum Greifen nah, doch es fehlen noch die anstrengendsten Schritte des Tages.

Die Begrüßung ist herzlich und die sympathischen jungen Damen versorgen mich schnell mit dem Nötigsten: kühles Radler und frischer Apfelstrudel. Ich genieße die letzten Sonnenstrahlen auf der kleinen Holzterrasse. Der Ausblick ist einzigartig: ein 360° Panorama lässt weit in alle Himmelsrichtungen blicken. Man erkennt die Gipfel und Gletscher am Ende des Gurgler Tals, die Wildspitze und zahlreiche andere prominente Gipfel der Ötztaler und Stubaier Berge, das Venter Tal und den Ort Sölden. Bei klarem Wetter, wie heute, kann man sogar die Dolomiten erkennen.

Ein wahrlich herzliches Willkommen auch im gemütlichen Zimmer...

Ein wahrlich herzliches Willkommen auch im gemütlichen Zimmer...

Es gibt wohl wenige Hüttenwirte, die behaupten können ihre Hütte selbst mit aufgebaut zu haben. Martin Gstrein ist einer von ihnen (vorausgesetzt es gibt überhaupt noch weitere Exemplare dieser seltenen Spezies). Das Brunnenkogelhaus kann auf eine bewegte Vergangenheit zurückblicken. Die Eröffnungsfeier am 10. September 1888 fand notgedrungen im Gasthof Riml in Sölden statt, da es in Strömen regnete und an den Aufstieg zur Hütte gar nicht zu denken war. Im Jahr 1902 wurde das Brunnenkogelhaus von einem Blitz getroffen und schwer beschädigt, so dass ein Jahr später ein umfangreicher Umbau nötig war. Erst 42 Jahre nach der Eröffnung wurde der Weg aus dem Windachtal hinauf zur Hütte angelegt. Der aussichtsreiche Höhenweg vom Timmelsjoch zur Hütte wurde 1995 Realität, nachdem er bereits auf der Jubiläumsfeier sieben Jahre zuvor auf die Agenda kam. Im Jahre 2006 musste das Brunnenkogelhaus wegen baulicher Mängel schließen.

Der Österreichische Touristenklub (ÖTK) distanzierte sich fortan von diesem Projekt und lehnte einen Neubau zunächst ab. Es ist dem energischen Einsatz des damaligen Bürgermeisters von Sölden zu verdanken, dass die Entscheidung letztendlich doch zugunsten des Neubaus fiel. Tatkräftig unterstützt wurde er dabei von Martinus Gstrein, einem Hotelier aus Sölden. Dieser konnte sich seinen Hausberg ohne die Hütte gar nicht vorstellen und nahm die Angelegenheit fortan in die Hand, buchstäblich! Gemeinsam mit seinem Sohn Martin, dem heutigen Hüttenwirt, wurde die alte Hütte komplett abgerissen, um anschließend innerhalb von nur 6 Wochen das neue Brunnenkogelhaus zu erbauen. In Anbetracht der schwierigen Logistik und der isolierten Lage hoch über Sölden auf 2.737 Metern, ist diese kurze Bauzeit fast schon ein kleines Wunder. Dank dieses Arbeitseifers der Familie Gstrein konnte das beliebte Brunnenkogelhaus am 21.07.2007 wieder eröffnen, rechtzeitig zur kurzen Sommersaison. Eine der wichtigsten und größten Verbesserungen durch den Neubau ist ohne Zweifel die Wasserversorgung. Zwar stammt das Wasser noch immer aus der gleichen Quelle, etwa 200 Höhenmeter unterhalb der Hütte im Grieskar, doch gibt es eine bedeutende Veränderung. Seit der Neueröffnung 2007 wird das Wasser nun durch eine neu verlegte Wasserleitung hochgepumpt. Es ist schier unvorstellbar, dass noch im Jahre 2006 das Wasser in Kanistern die 200 Höhenmeter nach oben getragen werden musste.

Möglicherweise ist diese spezielle Bindung zum Brunnenkogelhaus, buchstäblich vom ersten Nagel im Holz an, der Grund dafür, dass Martin stets überall zu sein scheint und alles überblickt. Eben noch begrüßt er mich auf der Terrasse und fragt wo die anderen beiden denn bleiben, dann reicht er Sekunden später dem Pärchen am Nachbartisch das riesige Panoramabild mit Gipfelbeschriftung, da die beiden am Rätseln waren welche Gipfel sie gerade bestaunen. Erneut nur einen kurzen Moment später steht er wieder neben mir, mit einem Fernglas bewaffnet, und sucht mit geschultem Blick nach Lars und Maxi, die vom Timmelsjoch herüberkommen. Als er sie auf dem Gipfel gegenüber entdeckt, erlaube ich mir einen kleinen Spaß. Es ist 16:30 Uhr. Ich rufe Lars an und frage ihn unwissend wo sie denn bleiben, bevor ich ihm mit gespielt beunruhigter Stimme erzähle, dass eine große, nicht angemeldete Gruppe aufgestiegen ist und in 30 Minuten alle nicht belegten Betten vergeben werden würden. Ich glaube ich war äußerst überzeugend, denn 25 Minuten später erreicht Lars schnaufend die Terrasse. Ich schicke ihn hektisch nach drinnen um sich anzumelden, aber bevor er verschwinden kann, bricht Martin in Gelächter aus und ich fliege auf. Als der Schreck verdaut ist und der Puls wieder Normalniveau erreicht, gönnt sich auch Lars erstmal einen Apfelstrudel. Wie ich etwas später in der Küche erfahre, ist dessen Herstellung gar nicht so einfach. Gebacken wird er von Viktoria in einem alten Holzofen ohne Temperaturanzeige, was zur Folge hat, dass die Endergebnisse nicht immer genau vorhersehbar sind. Man könnte sagen: kein Apfelstrudel gleicht dem anderen. Lecker sind sie aber alle! Viktoria ist Martins Frau und vor allem für die Küche und Verköstigung der Gäste zuständig. Rund um die Hütte stehen mehrere Gemüse- und Salatbeete. Martin und Viktoria halten sich auch einige Hühner hier oben und stellen so die zuverlässige Lieferung von frischen Eiern sicher. Ob diese die seltenen Versorgungsflüge im Helikopter überleben würden, steht auf einem anderen Blatt.

Frischer gehts nicht: direkt aus dem Holzofen!

Frischer gehts nicht: direkt aus dem Holzofen!

Eigener Anbau auf 2.737 Metern: Salat und frische Eier.

Eigener Anbau auf 2.737 Metern: Salat und frische Eier.

Während des Abendessens schweift mein Blick immer wieder etwas besorgt aus dem Fenster. Nach einem sonnigen Tag mit durchgehend strahlend blauem Himmel, hat sich dieser nun zunehmend in dicke Wolken gehüllt. Dies bereitet mir Sorgen, wollte ich doch zum Sonnenuntergang die Hütte vom gegenüberliegenden Anstieg aus fotografieren, als Motiv für meinen nächsten Kalender „Hüttenträume 2019“. Trotz der schlechten Aussichten, entscheide ich mich nach dem Essen für einen Versuch. Ich ziehe mich warm an, denn nachdem die Sonne verschwindet kühlt es auf dieser Höhe sehr schnell ab. Ich mache mich also auf den Weg. Als ich dem Grat gegenüber der Hütte hinauf folge, drehe ich mich alle paar Schritte um und suche eine geeignete Perspektive. Als ich diese endlich gefunden habe, setze ich den Rucksack ab und baue mein Stativ auf. Ich habe wenig Hoffnung, denn noch immer ist es in alle Richtungen stark bewölkt. Trotzdem mache ich einige Aufnahmen, ganz mit leeren Händen möchte ich morgen schließlich nicht absteigen.

Fantastische Lage, aber viel Steigerungspotential bei der Lichtstimmung!

Fantastische Lage, aber viel Steigerungspotential bei der Lichtstimmung!

Plötzlich und völlig unerwartet öffnet sich ein schmaler Streifen direkt hinter dem Brunnenkogelhaus. Als dieser sich dann auch noch feuerrot färbt und immer größer wird, kann ich mein Glück kaum fassen. Meine Wunschvorstellung von diesem Motiv wird von Sekunde zu Sekunde realer. Ich mache eine Aufnahme nach der anderen. Tatsächlich ist die Wolkendecke genau an der richtigen Stelle aufgerissen und der Himmel nimmt eine unglaubliche Färbung an. Die untergehende Sonne strahlt direkt in das Loch in der Wolkendecke. Die Szene ist schöner und beeindruckender als ich sie mir in meinen optimistischsten Planungen ausgemalt hatte. Ich bin unendlich dankbar für diesen Moment.

Schöner hätte ich es mir nicht vorstellen können... ein Traum! Hier ist soeben ein Kalendermotiv entstanden, daran besteht kein Zweifel.

Schöner hätte ich es mir nicht vorstellen können... ein Traum! Hier ist soeben ein Kalendermotiv entstanden, daran besteht kein Zweifel.

Und noch eine Nahaufnahme. Was für eine geniale Lichtstimmung!

Und noch eine Nahaufnahme. Was für eine geniale Lichtstimmung!

Nachdem die Sonne vollends verschwunden ist und die Hände immer kälter werden, gehe ich euphorisiert zurück in Richtung Hütte. Ich bin jetzt derart aufgedreht, dass an Schlaf noch nicht zu denken ist. So setze ich mich warm eingepackt auf die Bank neben dem Eingang und genieße eine mitgebrachte Zigarre. Es ist still. Das letzte Licht des Tages verblasst langsam. Ich bin rundum zufrieden!

Am nächsten Morgen erwartet uns ein reichhaltiges und sehr leckeres Frühstücksbüffet. Auch hier kommt man wieder in den Genuss von Viktorias Backkünsten, nun in Form von selbstgemachtem Brot. Es fehlt an nichts und besser könnte ein Tag auf 2.737 Metern nicht beginnen. Ich mache noch einige Aufnahmen der umliegenden Landschaft in dieser schönen, mit Nebel verhangenen, Morgenstimmung und Martin kommt wieder mit dem Fernglas dazu. Er zeigt mir noch die Hildesheimer Hütte gegenüber und das Hochjochhospiz auf der anderen Seite der Hütte, weit hinten im Venter Tal gelegen, das von seiner Schwester Denise und ihrem Mann Thomas bewirtschaftet wird. Hier sollten wir nur eine Woche später aufschlagen und es war ebenfalls grandios! Vielleicht gibt es tatsächlich so etwas wie eine besondere Ötztaler Gastfreundschaft, oder es liegt einfach in der Familie.

Schöne Morgenstimmung in Richtung Ramolkogel.

Schöne Morgenstimmung in Richtung Ramolkogel.

Beim Frühstück auf dem Brunnenkogelhaus bleiben keine Wünsche offen!

Beim Frühstück auf dem Brunnenkogelhaus bleiben keine Wünsche offen!

Herzlichkeit und Gastfreundschaft... Familie Gstrein vor ihrem Brunnenkogelhaus.

Herzlichkeit und Gastfreundschaft... Familie Gstrein vor ihrem Brunnenkogelhaus.

Das Brunnenkogelhaus wird als eines der 13 Motive meines nächsten Kalenders "Hüttenträume 2019" erscheinen. Hier auf meiner Homepage ist dieser erhältlich, aktuell noch mit stolzen 25% "Frühbucherrabatt". Schau doch mal rein: "Hüttenträume 2019"