Höhen und Tiefen auf dem Schluchtensteig im Schwarzwald

In weitem Bogen schwingt sich der Schluchtensteig durch den zweitgrößten Naturpark Deutschlands. Der dicht bewaldete Südschwarzwald überrascht dabei mit außergewöhnlichen Landschaften – hoch oben, aber auch tief unten.

Nadelwald mit Sonnenstrahlen entlang des Schluchtensteigs im Südschwarzwald

Sonnenlicht fällt durch einen dichten Nadelwald am Schluchtensteig im Schwarzwald

Der Schluchtensteig – ein Fernwanderweg im Schwarzwald

Der Schluchtensteig ist eine der beliebtesten Mehrtagestouren im Schwarzwald. Auf 119 Kilometern führt er in 5 abwechslungsreichen Etappen von Stühlingen, an der Grenze zur Schweiz gelegen, bis nach Wehr. Dabei durchquert er einige der schönsten Landschaften des Südschwarzwalds: die wilde Wutachschlucht, das Ufer des Schluchsees und die aussichtsreichen Hochflächen des Hotzenwaldes.

Stühlingen im Schwarzwald. Bereits einen Kilometer außerhalb der Ortsmitte lerne ich meine Begleitung für die nächsten Tage auf dem Schluchtensteig kennen. Auf den ersten Blick macht sie einen zurückhaltenden, fast schüchternen Eindruck. Dabei hatte man mich vor ihr gewarnt: Sie sei ungestüm, bisweilen gar aufbrausend. Auf jeden Fall aber ist sie eine Grenzgängerin. Wenig später, am Weizener Steg – oder Wiizemer Steg wie die Nachbarn ihn nennen – trennt sie Deutschland von der Schweiz. Die wilde Schönheit heißt Wutach und wird während der anstehenden Etappen nur selten von meiner Seite weichen.

Vom Bahnhof der Sauschwänzlebahn steigt der Weg erstmal hinauf in den Wald, doch kaum zurück im Tal führt mich die Wutach hinein in ein beeindruckendes Terrain. Eine steile Felswand schiebt sich vom Ufer gen Himmel und wirft einen langen Schatten über den Fluss. Weiter oben im dichten, naturbelassenen Wald verläuft der schmale Pfad durch die sogenannten Wutachflühen. Am Wegrand reihen sich knorrige Wurzeln und mit Moos überzogene Felsbrocken aneinander, während sich die Wutach weit unter mir ihren Weg durch die Talenge bahnt. Diese perfekte Wanderidylle macht Lust auf mehr!

Kurz bevor der Weg die Schlucht verlässt, bietet ein Aussichtspunkt einen spektakulären Blick zurück über die ebendurchquerte Landschaft – nun eine Etage höher. Wie ein mächtiger Tafelberg ragt die anfangs passierte Felswand durch das dichte Blätterdach des Naturschutzgebiets in den Schwarzwälder Himmel. Ich verlasse meine Begleitung und wandere durch Felder, Wiesen und ein weiteres Waldstück am Buchberg bis nach Blumberg, wo der überaus gelungene Auftakt auf dem Schluchtensteig endet.

Die Wutachschlucht: Herzstück des Schluchtensteigs

Am nächsten Morgen wartet an den Schleifenbachwasserfällen sogleich ein echter Wachmacher. Fast senkrecht fällt die Treppe über mehrere Meter hinab, bevor eine Brücke mich auf die andere Seite bringt. Wenig später treffe ich im beschaulichen Achdorf wieder auf meine Begleitung und folge ihr bis zum Sägewerk, das ihren Namen trägt.

Hinter der Wutachmühle verschwindet der Schluchtensteig im dichten Wald und taucht in eine faszinierende Welt ein. Die anstehenden Kilometer sind das Herzstück dieser Mehrtagestour durch den Schwarzwald. „Die Wutachschlucht ist ein wahres Geschenk für die Region. Ein Großteil unserer Gäste kommt wegen ihr“, bestätigt Familie Meßmer vom Gasthof Linde in Löffingen. Obendrein ist sie eines der wenigen naturbelassenen Wildflusstäler Europas und somit ein wichtiges Refugium für unzählige Tier- und Pflanzenarten. Der Schluchtensteig führt über weite Strecken unmittelbar am Ufer der Wutach entlang, zwängt sich zwischen den gurgelnden Wassermassen und den steilen Felsen hindurch. Vereinzelte Seile und Treppen entschärfen exponierte oder besonders rutschige Passagen. Mehrere Brücken ermöglichen die Wechsel von einem Ufer ans andere ohne nasse Füße zu bekommen – gleichzeitig bieten sie malerische Ausblicke auf die wilde Flusslandschaft.

Am breiten Kiesufer der Wutachversickerung kommt gar Strandfeeling auf, was eine Rast hier praktisch unumgehbar macht. Während ich hier sitze, bleibt mein Blick an der gegenüberliegenden Felswand hängen. Die Wassermassen haben sich im Laufe der letzten 20.000 Jahre tief in die Keuperschichten genagt. Dieser Umstand macht die Wutachschlucht zu einem offenen Buch der Geologie, das einen tiefen Einblick in die Erdgeschichte ermöglicht.

Ein Kapitel aus der jüngeren Geschichte wartet wenige Kilometer weiter auf einer sonnigen Lichtung in der Talsohle. Die geheimnisvolle Kapelle ist das letzte Überbleibsel des einstigen Kur- und Badeortes Bad Boll. Es ist kaum vorstellbar, dass der Tourismus in der Wutachschlucht eben hier seinen Ursprung hatte. Nach dem verheerenden Brand im Jahr 1975 wurden die Ruinen erst 1991 beseitigt – heute erinnert lediglich die kleine Kapelle an eine glanzvolle Vergangenheit. Der finale Wegabschnitt führt abermals durch dichten Wald, bevor ich Hand in Hand mit meiner Begleitung das Etappenziel an der Schattenmühle erreiche.

Wegelagerer und Tiefblicke in der Wutachschlucht

Zum Auftakt der dritten Etappe gehen wir zunächst auf Distanz. Während der Schluchtensteig gemächlich aufsteigt, schlängelt sich die Wutach weit unterhalb durch den tief eingeschnittenen Canyon. Nur gelegentlich sehe ich das Wasser am Boden der Wutachschlucht aufblitzen. Am sagenumwobenen Räuberschlössle eröffnet sich ein spektakulärer Tiefblick. Im 14. Jahrhundert wurde hier auf dem Nägelefelsen die Burg Neu-Blumegg errichtet, die allerdings 1525 dem Bauernkrieg zum Opfer fiel. Im 17. Jahrhundert, als das Land vom Dreißigjährigen Krieg heimgesucht wurde, nutzten Wegelagerer die Ruine als Unterschlupf, was den heutigen Namen erklärt.

Ein gemütlicher Abstieg führt mich hinunter zur Stallegger Brücke, wo meine Begleitung bereits auf mich wartet. Vorbei an der idyllischen Rötenbachmündung genieße ich nun die letzten Schritte an ihrer Seite durch ein wildromantisches Flusstal. Die hochstehende Sonne lässt die Wutach verschmitzt funkeln und macht den Moment perfekt. Dann heißt es endgültig Abschied nehmen. Am Zusammenfluss von Gutach und Haslach, wo die Wutach entsteht, biege ich links in die Haslachklamm ein. Es wartet ein märchenhaftes Wegstück mit beeindruckenden Ausblicken auf die ungestüme Haslach. Zunächst am Rechenfelsen, kurz darauf am Höllochfelsen.

Auf der zweiten Hälfte der Etappe ändert sich die Landschaft peu à peu. Es beginnt der Höhenabschnitt des Schluchtensteigs. Über breite Wege geht es nach Lenzkirch und durch den Ort hindurch, bevor rund 300 Höhenmeter zur Fischbacher Höhe zurückgelegt werden. Während des gemütlichen Abstiegs zum Etappenziel in Fischbach, lasse ich die vergangenen drei Tage durch die Wutachschlucht nochmals Revue passieren: Völlig zu Recht steht dieses Paradies bereits seit 1939 unter Naturschutz!

Vom Schluchsee bis Wehr – Höhenwege im Südschwarzwald

Auf der zweiten Hälfte des 119 Kilometer langen Fernwanderwegs warten zahlreiche Höhepunkte – im wahrsten Sinne des Wortes. Vom Bildsteinfelsen fällt der Blick auf den tiefblauen Schluchsee, von den Hochebenen im oberen Hotzenwald schweift das Auge weit über den Schwarzwald, mit ein wenig Glück geben sich sogar die Alpen zu erkennen. Die Städtchen St. Blasien und Todtmoos fungieren als äußerst charmante Etappenziele. Erreicht werden beide über eher zahme Schluchten: die Windbergschlucht sowie die Hohwehraschlucht.

Die schönste Jahreszeit für den Schluchtensteig ist übrigens im Herbst, wenn buntes Laub die Wanderwege polstert, die Baumkronen farbenfroh leuchten und die klare Luft besonders weit blicken lässt. Doch sollte man nicht zu lange warten, denn sobald die Kälte in die Schluchten zieht, werden die feuchten Pfade zu eisigen Fallen. Höhen und Tiefen liegen auf dem Schluchtensteig eben besonders eng beisammen.

Schluchtensteig im Schwarzwald – FAQ

Wie lang ist der Schluchtensteig?

Der Schluchtensteig im Schwarzwald ist 119 Kilometer lang und führt von Stühlingen bis Wehr.

Wie viele Etappen hat der Schluchtensteig?

Der Schluchtensteig ist in fünf Etappen unterteilt. Die Abschnitte lassen sich flexibel anpassen oder als Tageswanderungen gehen.

Wo verläuft der Schluchtensteig?

Der Fernwanderweg verläuft durch den Naturpark Südschwarzwald und führt u. a. durch die Wutachschlucht, die Haslachklamm, den Hotzenwald und entlang des Schluchsees.

Wie anspruchsvoll ist der Schluchtensteig?

Der Schluchtensteig gilt als mittelschwer. Gute Kondition und Trittsicherheit sind erforderlich, technische Kletterstellen gibt es nicht.

Ist der Schluchtensteig für Anfänger geeignet?

Für Einsteiger mit Wandererfahrung ist der Schluchtensteig geeignet. Absolute Anfänger sollten einzelne, kürzere Abschnitte wählen.

Wann ist die beste Jahreszeit für den Schluchtensteig?

Die beste Reisezeit ist der Herbst. Auch Frühling und Sommer sind gut geeignet. Bei Kälte können schluchtennahe Wege rutschig oder vereist sein.

Kann man den Schluchtensteig abschnittsweise wandern?

Ja. Besonders die Wutachschlucht eignet sich hervorragend für Tageswanderungen. Viele Einstiege sind mit Bus und Bahn erreichbar.

Warum ist die Wutachschlucht so besonders?

Die Wutachschlucht ist eines der letzten naturbelassenen Wildflusstäler Europas und gilt als landschaftliches Herzstück des Schluchtensteigs.

Ist der Schluchtensteig gut ausgeschildert?

Ja. Der Schluchtensteig ist durchgehend sehr gut markiert. Eine zusätzliche Karte oder ein GPS-Track wird dennoch empfohlen.

Wegweiser des Schluchtensteigs im Wald des Südschwarzwalds

Nützliche Links

Hier gibt es meinen Wanderführer “Schluchtensteig” aus dem Conrad Stein Verlag.

Dieser Artikel wurde ursprünglich im ALPIN Magazin veröffentlicht - der Blogbeitrag wurde lediglich SEO-technisch optimiert, jedoch inhaltlich nicht verändert.

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